Knut Abraham

Taten statt Worte: Frauenrechte weltweit mit einer klugen Außenpolitik schützen & fördern

Es ist immer ein guter Ansatz, auch in der Außenpolitik einen Fokus auf Chancengleichheit und Frauenrechte zu legen. Es ist immer wichtig, sich klar gegen sexualisierte Gewalt im Krieg, wie wir sie derzeit in der Ukraine erleben, und gegen systematische Unterdrückung in repressiven Regimen einzusetzen. Weltweit sind Frauen häufig unvorstellbaren Gewaltspiralen ausgesetzt. Dem mit einer klugen Außenpolitik entgegenzuwirken, muss der Anspruch jeder, auch dieser Bundesregierung sein.
Was bedeutet eine Außenpolitik im Interesse der Rechte von gefährdeten Frauen nun aber in der Praxis?

Nehmen wir das Beispiel Afghanistan. Am 7. Februar 2023 schreibt die im Exil lebende afghanische Abgeordnete Naheed Farid und Vorsitzende der "Women Affairs Commission" des afghanischen Parlaments an den Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages mit einer dringlichen Bitte: ihre Kollegen, die von der Taliban verfolgt werden, zu evakuieren. In Ihrem Schreiben bestätigt sie, dass alle genannten Personen ausschließlich wegen ihre Arbeit und Zugehörigkeit zur Menschenrechtskommission des Parlaments in Gefahr sind. Als Beispiel nennt, sie die Ermordung Ihrer Kollegin Mursal Nabizadeh, die im Januar 2023 in Kabul von der Taliban erschossen wurde.

Was empfiehlt das Auswärtige Amt, wenn wir so eine Anfrage einer Kollegin aus Afghanistan bekommen? In einem Schreiben des AA heißt es: "Bei Eingaben und Anfragen, insbesondere Aufnahmeersuchen zum Bundesaufnahmeprogramm, die Sie erhalten, bitten wir Sie [.] Petent:innen auf die o.g. Informationsseite (<http://> www.bundesaufnahmeprogrammafghanistan.de) zu verweisen."

Derzeit besteht keine Möglichkeit, neue Anmeldungen für eine Evakuierung zu stellen. Im AA heißt es, "Es ist beabsichtigt, Möglichkeiten für neue Anmeldungen in einer späteren Phase des Programms zu schaffen." Der Hinweis auf die Webseite ist also eine Sackgasse, denn hier sind nur Aufnahmen für Fälle möglich, die bis zum 17. August 2021 bereits bekannt waren.

Was genau passiert also, wenn sich die Vorsitzende der "Women Affairs Commission" des afghanischen Parlaments an Deutschland wendet, weil ihre Kollegen und Kolleginnen in Afghanistan wegen ihrer politischen Tätigkeit im Bereich Menschenrechte und Frauenrechte in Gefahr sind? Die Antwort auf diese Frage ist beunruhigend.

Sie bekommt eine vom Auswärtigen Amt vorgegebene Standardantwort, mit Verweis auf die Webseite des Bundesaufnahmeprogramms, das derzeit keine neuen Leute aufnimmt.

In dem Leitlinienpapier des Auswärtigen Amts "Feministische Außenpolitik gestallten" heißt es "Mit dem Bundesaufnahmeprogramm stellen wir besonders gefährdeten Afghan*innen eine Aufnahme in Deutschland in Aussicht, darunter Menschen, die aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung einer besonderen individuellen Gefährdung ausgesetzt sind."

Das ist derzeit die Theorie. Der Schlüssel, damit daraus Politik zum Schutz gefährdeter Frauen wird, liegt aber in der Umsetzung. Es geht darum, ob tatsächlich etwas für jene getan wird, die wegen Ihrer Menschenrechtsarbeit für Frauenrechte heute in akuter Gefahr sind, und wie lange das AA nur auf eine Webseite verweisen kann, mit einem Programm, das noch nicht funktioniert.

Dann hilft auch eine "Botschafterin für feministische Außenpolitik" inklusive eigenem Stab sowie entsprechenden Ansprechpartner in allen Abteilungen des Auswärtigen Amtes und Auslandsvertretungen, gefährdeten Frauen in Afghanistan nicht.